Stolperstein-Paten unterwegs
Wer in diesem Tagen im Altenburger Stadtgebiet auf Menschen trifft, die in das Trottoir eingelassene Messingplatten putzen, muss nicht verwundert sein. Denn für jeden der 28 in Altenburg verlegten „Stolpersteine“ des Kölner Künstlers Gunter Demnig haben sich Paten gefunden, die im Gedenken an ehemalige jüdische Mitbürger Altenburgs die knapp zehn mal zehn Zentimeter großen Erinnerungsobjekte reinigen.
Bis zum 9. November 2014 sollen die Stolpersteine in der Baderei, auf dem Kornmarkt, in der Kreuzstraße, der Kronengasse, der Pauritzer Straße, der Sporenstraße, der Teichstraße, auf dem Theaterplatz und in der Zeitzer Straße in neuem Glanz erstrahlen. Schließlich sollen die Stolpersteine im wahrsten Sinne des Wortes zum „geistigen Stolpern“ anregen, auf die Schicksale von Opfern nationalsozialistischen Terrors hinweisen.
Informationen zur bundesweiten Aktion findet man auf der Internetpräsenz www.9ternovember.de, über das Schicksal der Familien und Personen, denen Stolpersteine gewidmet sind, berichtet der Online-Stadtplan auf www.christian-repkewitz.de/juedisches-altenburg/stadtplan.html bei den jeweiligen Gebäuden.
Kommunalpolitischer Ring Altenburger Land e.V.
Vorstand
25 Lichter standen Pate
Jeweils fünf Lichter wurden am Freitag der vergangenen Woche an der Brüderkirche, dem Rathaus, dem Haus Lindenaustraße 10, dem Landestheater und dem Evangelisch-Lutherischen Magdalenenstift entzündet. Warum? Jede der insgesamt 25 Lichter stand für einen Jahrestag der friedlichen Revolution.
Auf Initiative des Kommunalpolitischen Rings Altenburger Land e.V. (KORA) konnten die rund 70 Teilnehmer eines Stadtrundgangs eine Geschichtsstunde der etwas anderen Art erleben. An jeder der genannten Stationen sprachen Akteure der friedlichen Revolution in Altenburg zu den Besuchern. Jeder von ihnen hatte eine spannende, informative und vor allem ganz persönliche Geschichte zu den Ereignissen des Herbst ´89 und ihrer Vorgeschichte ab 1986 zu erzählen.
Der langjährige Brüderkirch-Pfarrer Michael Wohlfahrt machte den Anfang und sprach an seiner ehemaligen Wirkungsstätte u. a. über die "offene Kirche". Auch aus seiner Stasi-Akte las er vor. Brita Müller-Weiske, damals Mitglied der Friedensgruppe der Evangelisch-Lutherischen Kirchgemeinde und Organisatorin des Rundgangs, hatte zuvor die Menschen begrüßt und an der Brüderkirche das erste von fünf Transparenten mit Parolen des Herbst ´89 entrollt: "Wir sind das Volk".
Zweite Station des Rundgangs war das Rathaus, vor dem ein Transparent "Freie Wahlen" forderte - freilich nur in Erinnerung an die friedliche Revolution. Denn Wolfgang Geffe, seinerzeit Mitglied der Friedensgruppe, sprach über die Beobachtung der letzten DDR-Kommunalwahl im Mai 1989 und den Nachweis deren flächendeckenden Fälschung. Im Anschluss begab sich der Menschenzug zum Haus Lindenaustraße 10, damals MfS-Gebäude. Peter Gzik (damals Neues Forum) und Georg Harpain (Hausvater des Magdalenenstifts) sprachen über die Versiegelung des Gebäudes, passend dazu hing am Gebäude ein Transparent mit "Stasi raus". Wenn er sich heute das Protokoll dieser Aktion durchlese, müsse Peter Gzik zuweilen schmunzeln, bekannte er. So hatte man damals einen Raum nicht betreten können, weil der Schlüssel dazu in Leipzig sei...
Vorletzte Station war das Landestheater, an dem Brita Müller-Weiske über die Aktion "Wir treten aus unseren Rollen heraus" berichtete. Mit den zwanzig vorher entzündeten Lichtern ging es dann bergauf zum Magdalenenstift, wo Georg Harpain über die Situation seiner ehemaligen Wirkungsstätte sprach. Er sei schon damals ein Freund der Jugend gewesen und so war für ihn klar, der Umweltgruppe im Magdalenenstift ein Domizil zu geben, genauso wie später auch der Umweltbibliothek. Abschluss des informativen und unterhaltsamen Abends war der Film "Radfahrer", der Fotografien und gesprochene Auszüge aus der Stasi-Akte eines beschatteten Fotografen verband. Georg Harpain stimmte noch "Dona Nobis Pacem" ("Gib uns Frieden") an - und die Gäste sangen mit.
"Ich bin überzeugt, dass wir mit dem Rundgang in würdiger Form an die friedliche Revolution in Altenburg erinnert haben. Dabei hat man auch immer wieder gemerkt, dass manche Themen heute noch genauso aktuell sind, wie damals. Ohne die freundliche Unterstützung von Michael Wohlfahrt, Wolfgang Geffe, Peter Gzik und Georg Harpain, wäre dieser spannende und kurzweilige Geschichtstrip nicht möglich gewesen", so Brita Müller-Weiske, die mit viel Liebe zum Detail den Rundgang vorbereitet hat.
Der Veranstalter möchte sich recht herzlich beim Magdalenenstift für die Kooperation sowie dem Landratsamt Altenburger Land für die Öffnung des Gebäudes Lindenaustraße 10 bedanken.
Kommunalpolitischer Ring Altenburger Land e.V.
Vorstand